Komplexe

sind spezifische Konstellationen von Erinnerungen aus verdichteten Erfahrungen und Phantasien, um ein ähnliches Grundthema geordnet und mit einer starken Emotion der gleichen Qualität besetzt. Wird dieses Grundthema im Leben berührt, reagieren wir komplexhaft, das heißt wir sehen und deuten die Situation im Sinne des Komplexes, werden emotional und wehren in stereotyper Weise ab, wie wir es schon immer getan haben.

Für den Beziehungsbereich heißt das, dass gegenseitiges Verstehen in einer solchen Situation zunächst unterbrochen ist. Komplexe bilden sich dort, wo etwas Lebensnotwendiges angesprochen ist.

Komplexe sind affektive Kerne der Persönlichkeit, hervorgerufen durch einen schmerzhaften oder bedeutungsvollen Zusammenstoß des Individuums mit einer Anforderung oder einem Ereignis in der Umwelt, dem es nicht gewachsen ist. In den Komplexen sind also die problematischen und die uns prägenden Beziehungsinteraktionen und damit dann auch die Beziehungsgeschichten unserer Kindheit und unseres späteren Lebens abgebildet samt den damit verbundenen Emotionen und den daraus erwachsenden Erwartungen, wie den das Leben etwa zu sein hat.

Eine schwierige oder eine bedeutsame Interaktion zwischen zwei Menschen, bei der Emotionen ins Spiel kommen, setzt also einen Komplex. Jedes ähnliche Ereignis wird dann im Sinne dieses Komplexes gedeutet und verstärkt ihn. Das heißt: Menschen lernen, dass gewisse Situationen immer wieder eintreten und von immer denselben Emotionen begleitet sind.

In unseren Komplexen sind nicht einfach Elternteile mit ihrem Verhalten oder Geschwister, genau so wie sie waren, abgebildet, sondern die Komplexe scheinen eine komplizierte Mischung zu sein von tatsächlich Erlebtem und Phantasiertem, von enttäuschenden Erwartungen.

Dabei ist allerdings festzustellen, dass durch das teilweise Auflösen der Komplexe mehr Erinnerungen frei werden und mehr Zugang zur eigenen Lebensgeschichte möglich wird. Damit wird das Lebensgefühl reicher, die eigene Identität im stetigeren Zusammenhang ohne plötzliche Änderungen erlebt.

Wichtig ist die Erwartungshaltung die mit so einem Komplex zusammenhängt.

Beispiel:

Anna hat als Kleinkind die Erfahrung gemacht, dass sie immer wieder „abgestellt“ wurde, wenn sie den Bruder gegen die Eltern verteidigen wollte. Zum Beispiel mit: „jetzt sei endlich ruhig, er kann für sich selbst sprechen, er ist ja ein Mann.“ Anna verstummt unter dem strengen Blick des Vaters.

Ihr Komplexsatz könnte heißen: Es hat keinen Sinn sich einzusetzen, in wichtigen Situationen verstumme ich doch.

Erwartungen, Sehnsüchte, Utopien bewegen sich unter dem Diktat der Komplexe nur in den Bahnen einer Verfestigten Vergangenheit, wenn sie überhaupt auftreten. Das heißt Anna kann nicht zu ihrem eigenen Leben finden. Sie lebt zwischen der Vergangenheit, die sie belastet, und der Zukunft, die Angst einflößt.

Anna hat sicher einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und die Anlage, sich für ihre Rechte und die Rechte der anderen einzusetzen. Sie hätte zum Beispiel das Zeug zur Betriebsrätin in der Firma in der sie arbeitet. Und wie sieht die Realität aus? Anna sieht die Ungerechtigkeiten, die im Alltag in ihrer Firma passieren als Erste. Sie führt einfühlsame Gespräche mit den Betroffenen und wagt vielleicht im kleinen Kreis eine Diskussion anzuregen. Auf ihr Intervenieren wird die Ungerechtigkeit aufgehoben. Vor der Betriebsratswahl kommen die Kollegen zu ihr und möchten sie gerne als Kandidatin aufstellen. Wäre Anna nicht von ihrem Komplex geprägt, würde sie mit Freuden das für sie ehrenvolle Amt annehmen. Doch sie „weiß“, dass sie in den wichtigen Gesprächen mit den Autoritäten, sprich Chefs, Vorgesetzte, „abgestellt“ wird, das heißt dass sie kein Wort herausbringt. So beginnt die Probehandlung, wenn - dann, sie stellt die Struktur des wahrscheinlichen Ereignisverlaufes dar. Ängste, Erwartungen, Sehnsüchte (z.B. nach einer verantwortungsvollen Aufgabe) werden in Gang gesetzt und am Schluss dieses Prozesses lehnt Anna das Amt ab.

Alle Menschen haben Komplexe, doch Jung erwähnt, dass die Komplexe uns haben, zumindest hört die Willensfreiheit dort auf, wo das Komplexgebiet beginnt. Je mehr Emotionen in unseren Komplexen gebunden sind, umso geringer ist die Willensfreiheit, wenn diese Komplexe anspringen.

Zusammenfassung:

Als Komplex bezeichnet man Inhalte aus dem Unbewussten, generalisierte schwierige Beziehungsepisoden, die durch die gleiche Emotion und durch einen gemeinsamen Bedeutungskern mit den damit in Zusammenhang stehenden typischen Beziehungsepisoden verbunden sind. Jedes affektgeladene Ereignis wird zu einem Komplex. Werden Themen oder die Emotionen, die mit dem Komplex verbunden sind angesprochen, dann wird das Gesamte der unbewussten Verknüpfung aktiviert.

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